Entwurfsverfasser Landschaftsarchitektur:
Wolfgang Schück
ARGE LOMA architecture . landscape . urbanism & Riehl Bauermann + Partner Landschaftsarchitekten
Fachplaner:innen/Bauleitung:
LOMA architecture . landscape . urbanism
Petra Brunnhofer + Ilja Vukorep + Wolfgang Schück
Architekten, Landschaftsarchitekt, Stadtplaner PartG mbB
Mitarbeiter:innen LPH 2 bis 5: Franziska Marquardt, Sabrina Campe, Anna-Lena Brandebusemeyer
Riehl Bauermann Partner, Landschaftsarchitekten PartG mbB
Ernst Bauermann, Jonas Otto
Mitarbeiter LPH 6 bis 8 : Matthias Dümer, Felix Huth
Weitere Planungsbeteiligte: HAZ Beratende Ingenieure für das Bauwesen GmbH, Kassel und Ingenieurbüro für Gebäudetechnik, Dipl.-Ing. Oskar Winter, Kassel
am Bau beteiligte Firmen: Zedler Baugesellschaft mbH
Auftraggeber/Bauherr: Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen (LBIH), Niederlassung Nord
Bearbeitungszeitraum: 2018 - 2022
Planungs-/Baukosten: 1,3 Mio. Euro
Projekterläuterung:
VERORTUNG UND HISTORIE
Die Gustav-Mahler-Treppe liegt an der Hangkante von Friedrichsplatz in die barocke Karlsaue und wurde als Hauptverbindung der Stadt Kassel in die historische Parkanlage gebaut. Sowohl die barocke Grundstruktur des sogenannten Rosenhangs als auch die Planungen von Hermann Mattern zur Bundesgartenschau (1955) wurden an dieser Stelle von der neuen Treppenanlage radikal überschrieben. Planung und Ausführung erfolgte durch Landschaftsarchitekt Hans-Herbert Westphal, Hannover. Die Treppe wurde seit ihrer Eröffnung zur documenta III im Jahr 1964 baulich nicht verändert und war dem Verfall preisgegeben. Lediglich der Rahmenbau, ein Kunstwerk der Architekten- und Künstlergruppe Haus-Rucker & Co. wurde 1977 im Zuge der documenta VI integriert.
DISKUSSION DER DENKMALWÜRDIGKEIT UND FRAGEN DER ZUKUNFTSFÄHIGKEIT
Im Zuge der Planungen wurde eine intensive Auseinandersetzung ob der Zukunftsfähigkeit der vorhandenen Schichten in der weitläufigen Parkanlage geführt. Kann eine in der breiten Bevölkerung als grob empfundene bauliche Anlage aus billigen Waschbetonplatten überhaupt denkmalwürdig sein? Die zu sanierende gärtnerische Struktur von Hermann Mattern mit seinem lokalen Sandstein und üppigem Pflanzbild stand in der Diskussion der „Béton-brut“-Treppe gegenüber. Die Entscheidung fiel nach langwieriger Abwägung zugunsten von Erhalt und Ertüchtigung der Westphal-Struktur. Gerade die Seltenheit von landschaftsarchitektonischen Artefakten im Entwurfsgedanken des Brutalismus zwischen den Jahren 1960 und 1970 spielten aus Sicht des Denkmalschutzes nun eine Rolle. Die zeitaktuell drängenden Fragen zur CO2-Bilanz von Bauteilen aus Beton und das Denken in Lebenszyklen und Laufzeiten von Betonbauwerken bildeten aus Gründen des Klimaschutzes einen tragenden Baustein in der Debatte. Barocke Grundstruktur, Zeitschicht Bundesgartenschau 1955 und auch die Zeitschicht der Treppe Mitte des 20. Jahrhunderts wurden gleichermaßen als erhaltenswert eingestuft. Die Gustav-Mahler-Treppe konnte nun im Sinne einer Verbesserung von Barrierefreiheit und Lichtführung stimmig aktualisiert werden.
DENKMAL DES BRUTALISMUS UND NEUE HINZUFÜGUNGEN
Im Zuge der Trümmerbeseitigung des Bombardements des zweiten Weltkriegs wurde der Schutt der Kasseler Oberneustadt mittels Loren über die Hangkante verbracht. Die Konstruktion des Betonbauwerks der Gustav-Mahler-Treppe überspannt diesen labilen Horizont aus Kriegsschutt. Die Unterkonstruktion der Treppenanlage mit ihren Stufen, Plätzen und Podesten bestand aus 25 cm Stahlbeton auf 5 cm Magerbeton und 20 cm Kies. Der 1600 m2 große Plattenverband wies unterschiedliche Formate von 100x100 cm, 75x50 cm, 50x50 cm, 50x25 cm und 25x25 cm auf. Durch fehlende Stufenfixierung war die Gangbarkeit der Anlage durch Verschiebungen kaum mehr gegeben. Die oberirdischen Bauteile wurden ausgebaut, gereinigt und im bestehenden Duktus wieder eingebaut. Jeweils die obere und untere Stufenreihe wurde mit dem Betonfundament verankert. Das Ziel war die Wiederverwendung des historischen Materials aus denkmalpflegerischer Sicht mit gleichzeitigem Fokus auf Schonung von Ressourcen. Die CO2-Bilanz der Baumaßnahme konnte möglichst gering gehalten werden. Durch geschickte Wiederverwendung und Anpassungen im Einbau mussten lediglich 200 m2 an Plattenbelägen und 5 m Stufen nachgegossen werden.
BARRIEREFREIHEIT UND BESTANDSERHALT
Um das Bild des homogenen Treppenkörpers aus Waschbeton in seiner Stringenz zu erhalten und gleichzeitig die Anforderungen an Barrierefreiheit zu verbessern, wurde eine Differenzierung in den Oberflächen vorgenommen. Zwischen hellen Bestandsstufen aus Leinekies und den grau-bunten Belägen aus Weserkies wurde ein taktiler Streifen aus hellem Beton eingespannt. Das glatte, kontrastierende Orientierungsband am Anfang und Ende der Stufenpakete optimiert deren Erkennbarkeit.
LICHTKONZEPT UND LICHTHANDLAUF
Das minimalistische Beleuchtungs- und Farbkonzept sah eine Schichtung von Mastleuchten und LED-Lichthandlauf, reversibel gemäß Charta von Venedig, seitlich vom Betonkörper vor.