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© Nikolai Benner • Nikolai Benner

© LOMA • LOMA

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Entwurfsverfasser Landschaftsarchitektur:
Petra Brunnhofer, Ilija Vukorep und Wolfgang Schück LOMA architecture.landscape.urbanism

Mitarbeiter: Sabrina Campe, Franziska Marquardt, Hannah Hagedorn
Fachplaner/Bauleitung: Ausschreibung und Objektüberwachung LP 6-8: Riehl Bauermann + Partner Landschaftsarchitekten, Kassel; Prof. Wigbert Riehl, Universität Kassel Landschaftsarchitektur Technik; Mitarbeiter: Kerstin Barth, Jonas Otto
am Bau beteiligte Firmen: Bietigheimer, Tamm; Wolff & Müller, Stuttgart-Zuffenhausen
Auftraggeber/Bauherr: BUGA Heilbronn 2019 GmbH
Bearbeitungszeitraum: 2016 - 2019
Fläche: 4,2 ha
Planungs-/Baukosten: 2,2 Mio. Euro

 



 Juryurteil:

Während der Bundesgartenschau 2019 in Heilbronn verzauberte die Wellenlandschaft der Sommerinsel das Publikum. Künftig wird das Gelände ein Teil des Stadtquartiers Neckarbogen. Doch für die Gartenschau entstand hier eine temporäre 3D-generierte Landschaft.

Die durch Aushub auf dem Gelände zufällig entstandenen Landschaftsbilder führten die Landschaftsarchitekten zur Frage, wie Landschaft entsteht, wie Wind, Wasser und Gletscher Landschaft formten und wie sie sich als Entwerfer diese Naturphänomene zu eigen machen können. Bereits erste Zeichnungen der Moränen, Dünen und Wellen wurden mithilfe von Rhino 3D und der Visuellen Programmiersprache Grasshopper digital übersetzt und so immer weiterentwickelt: bis hin zu einem aus der digitalen Datenmatrix gebauten digitalen Geländemodell und der Ausführung durch Baggern mit Tablets und GPS-Steuerung.

Die BIM-basierte Planung ermöglichte, Änderungen und ihre Auswirkungen auf die Kosten und Abläufe jederzeit zu kontrollieren. So entstand eine kontrastreiche künstliche Landschaft, die in ihrer Eindrücklichkeit und Bildhaftigkeit über die Zeit der Gartenschau hinausreicht. Faszination übt insbesondere das Spannungsfeld aus zwischen dem rein technisch-digitalen Aspekt der Arbeit und der Leichtigkeit sowie der Poesie der so entstandenen Landschaft.

 

 

Projekterläuterung:

„Landschaftsarchitektur und Digitalisierung“ oder „Building Information Modeling (BIM) in der Landschaftsarchitektur“.

Das Experiment Sommerinsel wurde im Zuge der Bundesgartenschau Heilbronn als einer der ersten komplett 3D-generierten und gebauten Landschaftsparks weltweit realisiert.

Der Ort der Sommerinsel war im Beginn nichts anderes als eine zentrale Erdmiete im Gelände, Bagger und Kipplaster hatten riesige Mengen Aushub von lehmigem Schwemmland aus dem Neckar zwischengelagert. Wenn Maschinenführer unbewusst topographische Landschaftsbilder generieren, «wie generiert sich Landschaft dann selbst?» Diese Frage beschäftigte uns, denn «wie verhält sich die Natur als Landschaftsdesigner, wie beeinflussen Wind und Wasser, Gletscher und schmelzendes Eis Geländeoberflächen? » Und vor allem: «Ist es möglich, eine natürliche Wellenbildung im Boden mit einem generativen Design zu entwickeln?» Im ersten Schritt wurden Begrifflichkeiten wie „fluids“, „turbidite systems“ oder „ripple-marks“ aus der Geologie erkundet und deren Generationsmöglichkeiten untersucht.

Mit analogen Entwurfsmethoden konnte keine adäquate Annäherung an die Naturphänomene erreicht werden und die permanente Veränderung des Designprozesses wäre nur schwerlich fortzuschreiben gewesen. Daher wurden die ersten Zeichnungen von Moränen, Dünen und Sandwellen mithilfe von Rhino 3D und der visuellen Programmiersprache Grasshopper digital übersetzt. Der Planungs- und Bauprozess der Sommerinsel konnte so über einen „digitalen Zwilling“ permanent fortgeschrieben werden.

Auf dem Areal von etwa 4,2 ha wurden schräg an schräg organisch geformte Landschaftswellen aneinandergelegt, in denen sich die natürlichen Formen von Dünen, Moränen und die ephemeren Muster einer Sandlandschaft vereinen. Das Modell der 3D-generierten Landschaft, die nach den Regeln der Natur geformt wurde, wurde als Datenmatrix in ein digitales Geländemodell überführt. In den Baggern, die auf der Sommerinsel zum Einsatz kamen, waren Tabletts und GPS-Steuerung installiert, sodass die virtuelle Landschaft via Bildschirmsteuerung realiter nachgebaut werden konnte.
Die BIM-basierte Planung der Topographie ermöglichten eine rasante Fortschreibung in Varianten und ihrer Massen-und Kostenkontrolle in Echtzeit. Ein für alle Partner überraschendes Ergebnis war die durch das effektive Ineinandergreifen der Schnittstellen schnelle Bauzeit. Das Entwickeln und Bauen komplexer Landschaftsbilder auf diese Weise hatte es bisher technologisch bedingt noch nicht gegeben.

Der derzeitige Trend in der Diskussion um die Möglichkeiten von Digitalisierung und BIM im Bauwesen ist nach unserer Meinung zu monochrom auf die (sicher wichtigen) drei Bereiche von Produktionssteigerung, Kosteneffizienz und Fehlererkennung a priori fixiert. Die Konsequenz aus dieser einseitigen Betrachtung ist, dass „digital prototyping“ als künstlerisch-kreativer Prozess ausgeblendet wird und seine verändernde Kraft in den gestaltenden Disziplinen zu wenig entfalten kann. Kreative Modellierung von Landschaftsbildern, innovatives Wassermanagement oder die prozessuale Simulation von Vegetation können neben der reinen Systematisierung von Ausstattung wesentliche Zukunftsaufgaben der Disziplin darstellen.